Lehrstuhl für Paläontologie & Geobiologie
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EU-Marie-Curie Projekt SEXASEX in der Paläontologie München: Vergleich der Reproduktionsorgane parthenogenetischer und nicht-parthenogenetischer Weibchen von Eucypris virens

Reproduktion der Süßwasserostracoden und ihre evolutionsbiologischen Implikationen - Fokus 3

R. Matzke-Karasz

Eucypris virens, eine Ostracodenart der temporären Gewässer, ist europaweit verbreitet. Während sie in Mittel- und Nordeuropa nur in rein weiblichen Populationen auftritt und sich parthenogenetisch fortpflanzt, findet man im Mittelmeerraum auch vereinzelte Populationen mit parthenogenetischer und sexueller Reproduktion. Dieses Phänomen wird innerhalb des EU Marie-Curie RT-Netzwerks "SEXASEX" multidisziplinär auf seine genetische, karyologische und morphologische Verankerung hin untersucht.

  • Wie werden in nicht-marinen Ostracoden Geschlecht und Fortpflanzungsmodus festgelegt? Wie sehen die Mechanismen der ungeschlechtlichen Ei-Produktion aus? Welche Rolle spielen Hybridisation und Polyploidie?
  • Kann man vorausgesagte Langzeiteffekte des Fortpflanzungsmodus auf die genetische Struktur identifizieren, und wenn nicht, kann man Mechanismen beschreiben, die solchen Effekten zuwiderlaufen?
  • Können asexuelle Linien nur aufgrund einer engen Nähe zu sexuellen Linien persistieren? Wie wichtig ist eine Verflechtung asexueller Klone mit sexuellen Populationen in Bezug auf ihre Langzeitexistenz? Welche Folgen haben die Ergebnisse für das klonale Spezieskonzept?
  • Wie sieht der genetische Zusammenhalt dieser Spezies aus, die aus einem Cluster von sexuellen und parthenogenetischen Linien besteht?
  • Wie können beide Arten der Fortpflanzung sympatrisch koexistieren? Gibt es selektive Vorteile für einen Fortpflanzungsmodus in Abhängigkeit von ökologischen Konditionen? Gibt es eine ökologische, räumliche oder zeitliche Segregation zwischen sexuellen und parthenogenetischen Weibchen?
  • Welche Rolle spielten historische Zufälle in der Formung heutiger räumlicher Muster von Sexualität und Asexualität innerhalb der untersuchten Spezies und der Verteilung klonaler Diversität?

ostra3Abb.: Längsschnitt durch den Bereich der weiblcihen Kopulationsorgane von Eucypris virens. Färbung: Azankombination, Schnittdicke 5µm.

Antworten zu diesen Problemstellungen werden schließlich dazu benutzt, heutige Verteilungsmuster der Fortpflanzungsmodi mit Erkenntnissen über historische Evolutionsprozesse zu verbinden. Nach Integration aller genetischen, karyologischen, ökologischen und morphologischen Daten werden insbesondere die geographischen Verteilungsmuster verglichen mit den Daten von NODE (GIS-Database „Non-marine Ostracod Distribution in Europe“, ehem. EU-Netzwerk), sowohl bezogen auf rezente als auch auf fossile Vorkommen.

Warum können parthenogenetische Populationen in ganz Europa persistieren, warum sind die sexuellen Linien auf den circum-mediterranen Raum beschränkt? Können Verteilungsmuster der klonalen Linien, der Ploidiestufen, der Infektionsraten etc. verlinkt werden mit klimatischen Fluktuationen, sowohl als Langzeiteffekt (Glazialcyclen) als auch als Kurzzeiteffekt (z.B. Dansgaard-Oeschger Event) oder sind andere evolutionsbiologische Effekte wirksam? Hier gewonnene Erkenntnisse werden auch einen zukunftsweisenden Aspekt beinhalten: nach 8000 Jahren holozäner klimatischer Stabilität beginnt eine Phase klimatischer Unregelmäßigkeiten und es ist an der Zeit, die Effekte klimatischer Veränderungen auf biologische Systeme nicht nur zu beschreiben, sondern ihren biologischen Ursprung verstehen zu lernen

Innerhalb dieser Studien ist es grundlegend, die morphologischen Aspekte der beiden Reproduktionsmodi zu definieren. Histologische und SEM-Untersuchungen von Exemplaren verschiedener Populationen und damit auch verschiedener Reproduktionsmodi dienen als Basis für dreidimensionale Rekonstruktionen. Ziel der Studien ist es, eine mögliche morphologische Trennung parthenogenetischer und sexueller Weibchen von E. virens aufzudecken.

Mitarbeiter

Radka Symonova

Vernetzung

innerhalb des Marie Curie RTN Projektes FP6-512492, "From Sex to Asex: a case study on interactions between sexual and asexual reproduction", kurz SEXASEX http://www.evirens.group.shef.ac.uk/