Lehrstuhl für Paläontologie & Geobiologie
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Wie die Pflanzen dem Massenaussterben trotzten

Das große Massenaussterben vor rund 252 Millionen Jahren betraf vor allem die Tierwelt, viel weniger die Pflanzen. Ein Artikel über dieses Forschungsergebnis – angeführt von Südtiroler Wissenschaftlern - erscheint heute in der renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschrift Nature Communications.

28.01.2019

Der Großteil der Tiere – vor allem Meeresbewohner – fiel, wie man weiß, dem größten bekannten Massenaussterben der Erdgeschichte vor rund 252 Millionen Jahren zum Opfer; die Pflanzenwelt war von diesem Ereignis in viel geringerem Ausmaß betroffen. Mit diesem Forschungsergebnis lassen Evelyn Kustatscher und Hendrik Nowak vom Naturmuseum Südtirol in Bozen sowie Elke Schneebeli-Hermann vom Institut und Museum für Paläontologie der Universität Zürich aufhorchen. Wie die Fachleute zu dieser Behauptung gekommen sind, erklären sie im Artikel “No mass extinction for land plants at the Permian-Triassic transition”, der heute in der renommierten wissenschaftlichen Open-Access-Fachzeitschrift Nature Communications (www.nature.com/ncomms) erscheint.

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Die Bletterbach-Schlucht, Dolomiten, Italien, wo wichtige Fossile gefunden wurden

“Bisher waren wir davon überzeugt, dass das große Massenaussterben an der Perm-Trias-Grenze Tiere und Pflanzen gleichermaßen betraf und dass beide auf gleiche Art und Weise auf dieses Ereignis und dessen Folgen reagierten,“ erklärt Evelyn Kustatscher, “im Zuge unserer Studie haben wir hingegen bewiesen, dass dem nicht so ist. Sicher sind damals einige Pflanzen ausgestorben, wir sprechen aber bei Weitem nicht von über 50 Prozent der damals lebenden Pflanzengattungen und -familien, wie bisher angenommen. Dies wirft ein ganz neues Licht auf unsere Kenntnisse des Massenaussterbens.”

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Quadrocladus sp. (Zweig), eine fossile Konifere aus dem Grödner Sandstein (mittleres Wuchiapingium, Oberperm) in der Bletterbach-Schlucht (Dolomiten, Italien).

Dieses Ergebnis wurde im Zuge einer zweijährigen Forschungsstudie gewonnen, bei dem Kustatscher, Nowak und Schneebeli-Hermann Daten aus aller Welt sammelten und verglichen; besonders hilfreich war dabei der größte Katalog an Publikationen zu fossilen Sporen und Pollen, der John Williams Index of Palaeopalynology am Natural History Museum in London. Ziel war es zu verstehen, was den Pflanzen in der Zeit zwischen dem Späten Perm (vor etwa 260 Millionen Jahren) und der Mittleren Trias (vor etwa 235 Millionen Jahren) passierte. “Wir haben mehr als 34.000 Sporen- und Pollendatensätze sowie mehr als 8.000 Datensätze von Pflanzenfossilien analysiert,“ so Hendrik Nowak. Auf dieser Grundlage analysierten die drei Wissenschaftler die globale Biodiversität und deren Veränderungen vor Millionen von Jahren. “Bisher wurden die Mikrofossilien von Sporen und Pollen nie für derartige global angelegte Studien genutzt,” fügt Elke Schneebeli-Hermann hinzu.

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Kraeuselisporites apiculatus, eine Spore aus dem Perm-Trias-Grenzbereich der Finnmark-Plattform (Norwegen). Foto Peter Hochuli

Aber warum reagierten die Pflanzen ganz anders auf das Massenaussterben, als die Tiere? „Darauf haben wir noch keine sichere Antwort“, meint Evelyn Kustatscher, “der Grund könnte der sein, dass Sporen und vor allem Samen extrem lange widrige Zeitspannen überbrücken können, bevor sie keimen. Das gilt für Tiere natürlich nicht.” Die Studie ist Teil des Projekts “The end-Permian mass extinction in the Southern and Eastern Alps: extinction rates vs. taphonomic biases in different depositional environments”, das vom Euregio Science Fund unterstützt wird.

Link zum Artikel

www.nature.com/articles/s41467-018-07945-w

Kontakt

Evelyn Kustatscher, Naturmuseum Südtirol, Bozen,
Tel. +39 0471/413433, +39 349/8848161
evelyn.kustatscher@naturmuseum.it