Lehrstuhl für Paläontologie & Geobiologie
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Das Auffrischen des Wintermonsuns

Die Analyse von Paläo-DNA in Sedimenten des Arabischen Meeres gibt Hinweise auf klimatische Veränderungen, die vor rund 4000 Jahren den Niedergang der frühen Hochkultur im Indus-Tal eingeleitet haben könnten.

19.11.2018

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Ein 13 Meter langer Bohrkern wird an Bord des Forschungsschiffs Pelagia geholt. Foto: Peter Clift, Louisiana State University, USA

Die bronzezeitliche Indus-Kultur – nach einem ihrer wichtigsten Zentren auch Harappa-Kultur genannt – war eine der frühesten städtischen Zivilisationen und ist mit den Hochkulturen im alten Ägypten und frühen Mesopotamien vergleichbar. Die Menschen siedelten vor etwa 4000 Jahren im Indus-Tal in Pakistan. Nach einer etwa 700jährigen Blütezeit verließ die Bevölkerung ihre Städte im Indus-Tal allerdings, und es setzte ein Niedergang ein, der schließlich zum Ende dieser Kultur führte. Die Ursachen der Migration sind noch nicht völlig geklärt. Eine internationale Studie unter der Leitung von Dr. Liviu Giosan (Woods Hole Oceanographic Institution, USA) an der auch Professor William Orsi vom Department für Geo- und Umweltwissenschaften der LMU beteiligt war, hat nun gezeigt, dass klimatische Veränderungen der Grund gewesen sein könnten. Das Team konnte eine Verstärkung des Wintermonsuns nachweisen, die nach Ansicht der Wissenschaftler gemeinsam mit weiteren klimatischen Veränderungen zum Verlassen der Städte beigetragen hat. Über ihre Ergebnisse berichten sie im Fachmagazin Climate of the Past.

„Wir haben mithilfe eines neuen paläobiologischen Ansatzes die Geschichte des Wintermonsuns im Bereich des Arabischen Meeres für die letzten 6000 Jahre rekonstruiert“, sagt Orsi. Dazu analysierten die Wissenschaftler in den Meeressedimenten erhalten gebliebene Paläo-DNA-Reste, die die Jahrtausende überstanden hatten, und bestimmten auf diese Weise die Zusammensetzung der ehemaligen marinen Plankton-Gesellschaften und deren Veränderungen im Lauf der Zeit. Zudem untersuchten sie die relative Häufigkeit von Gehäusen eines marinen Einzellers, der empfindlich auf kalte Wassertemperaturen reagiert. Auf diese Weise konnten sie nachweisen, dass zu der Zeit, als die Bewohner die großen Städte verließen, sich auch die Plankton-Lebensgemeinschaft im Meer deutlich veränderte. Vor allem Gruppen, die hohe Nährstoffkonzentrationen bevorzugen, nahmen stark zu. Die Häufigkeit des Einzellers dagegen nahm ab. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Wintermonsun zu dieser Zeit stärker wurde, denn der Wintermonsun weht vom Land zum Meer. Dabei kühlt er das Wasser ab und trägt nährstoffreiches Material ins Meer“, sagt Orsi.

Wie die Forscher berichten, deuten Ergebnisse aus der Klimaforschung auf einen starken Zusammenhang zwischen den winterlichen Temperaturen des Oberflächenwassers im nördlichen Arabischen Meer und Niederschlägen im westlichen Himalaya-Vorland hin. Durch den verstärkten Wintermonsun fielen dort demnach mehr Niederschläge als zuvor. Im Gebiet der Indus-Kultur dagegen wurde es zur selben Zeit vermutlich bedeutend trockener, weil der regenbringende Sommermonsun schwächer wurde, wie verschiedene Studien berichten. Deshalb vermuten die Wissenschaftler, dass beide Phänomene gemeinsam zum Niedergang der Indus-Kultur beigetragen haben: „Wir stellen uns einen sogenannten „Push and Pull Effekt vor“, sagt Orsi. „Dabei stellt die Wasserknappheit im Indus-Tal den „Push“ dar, der die Menschen dazu brachte, das Gebiet zu verlassen. Die Zunahme der Winterregen im Vor-Himalaya wäre dann der „Pull“, der die Umsiedlung in diese Gebiete förderte“, ergänzt Giosan.